Europa im Zeitalter der Glaubensspaltung 1517-1618 wird in diesem Magazin für Geschichte vortrefflich dargestellt. Im Rahmen eloquenter Aufsätze und vieler Bilder erhält man einen guten Überblick über jene unwirtliche Zeit.
Auf den ersten Seiten werden einige Gemälde aus besagten Jahrzehnten gezeigt und kurz erklärt. Dazu zählt u.a. ein Ausschnitt aus dem Triptychon "Garten der Lüste" von Hieronymus Bosch. Dargestellt ist hier "wie Dämonen nackte Sünder mit riesigen Messern martern; andere werden von Höllenbestien zerfleischt oder über ein Feuer erhängt". Solche angsteinflößenden Bilder, die nicht nur durch den Kopf Boschs geisterten, veranlassten die Menschen damals Ablassbriefe zu kaufen.
In der Folge liest man von Luthers Thesen, die auf eine zutiefst verunsicherte Christenheit trafen, vom Wormser Reichstag 1521 und den dortigen Begebenheiten und kann sich an dieser Stelle in ein Gemälde von Lucus Cranach vertiefen, welches darstellt wie Christus am Jüngsten Tag die Menschen richten wird.
Der Beitrag "gegen Kaiser und Papst" bringt dem Leser die Persönlichkeit Luthers recht gut nahe. Allerdings habe ich den Folgebeitrag mit weitaus größerem Interesse gelesen. Er thematisiert das Leben und Wirken des von mir hochgeschätzten Jakob Fuggers, des wohl damals reichsten und mächtigsten Mannes Europas, der meines Erachtens weitaus bedeutender für die Zeitgeschichte war als Luther, der unserem Land mehr geschadet als genutzt hat.
Die Bauernkriege kommen zur Sprache und in diesem Zusammenhang auch Thomas Münzer, auch die radikale Täuferbewegung in der westfälischen Stadt Münster und die absurden Verhaltensmuster des Schneiders Jan van Leiden, der zum König der Münsteraner Täufer wurde. Vergessen wird auch nicht die Reformation in England, die Peinlichkeiten des Ignatius von Loyola und seiner Jesuiten, die den Kampf gegen die Reformation aufnahmen, die gelungene Würdigung des Malers Lucas Cranach, die Pariser Bluthochzeit Die Bartholomäusnacht - dieser Beitrag ist außerordentlich gut gelungen und schließlich der Text zur Hexenverfolgung.
Gesa Gottschalk, berichtet, dass Ende des 16. Jahrhunderts Tausende der Angst ihrer Nachbarn zum Opfer fallen. Es handelt sich um die Angst vor Hexen,"die Angst vor dem Bösen in einer Welt die aus den Fugen geraten scheint." Im oberschwäbischen Ravensburg kam es zu einer der ersten großen Hexenvervolgungen in Deutschland. Die Autorin steigt sehr gut in die Thematik ein, berichtet von Maria Mannalin und vielen anderen Frauen, die einst in Bludenz gefoltert wurden. Das Zeitalter der Glaubenspaltung war ein Zeitalter der Zugebrettertheit und des Fanatismus, das letztlich in den Dreißigjährigen Krieg mündete. Wirtschaftlich und gesellschaftpolitisch gesehen haben die religiösen Auseinandersetzungen viel Unheil angerichtet. War der theologische Zwist dies alles wert? Nach meiner Ansicht nicht. Gott lob folgte 200 Jahre später die Zeit der Aufklärung.
Ein gelungenes Magazin.