Sind wir letztlich nicht alle Kinder von Marx und Coca-Cola?, 16. Februar 2010
Von Helga König "helga-koenig@web.de" - Alle meine Rezensionen ansehen
Der französische Regisseur Jean-Luc Godard zeigt in seinem handlungsarmen Schwarz-Weiß-Film, der aus einer Aneinanderreihung von Miniaturen besteht, fünf junge Menschen - Kinder von Marx und Coca-Cola-, die im Winter 1964/65 ihre Sicht zum Vietnamkrieg, zu De Gaulles Wiederwahl, zur Sexualität und zu gesellschaftspolitischen Fragen facettenreich zum Ausdruck bringen.
Die damalige Realität wird von verschiedenen Perspektiven her beleuchtet und es wird klar, inbesondere durch die Fragen des Protagonisten Paul, dass junge Menschen zu diesem Zeitpunkt noch völlig verunsichert und unaufgeklärt waren. Die Ernsthaftigkeit der Zwanzigjährigen wirkt immer ein wenig gespielt. Das Erwachsensein hatte noch lange nicht begonnen, auch wenn man sich bereits mit Sie anspricht.
Der gesellschaftliche Umbruch hatte auch noch nicht stattgefunden. Es mussten noch viele Erkenntnisschritte gegangen werden, bis es so weit war. Erschreckend ist die sexuelle Unaufgeklärtheit. Godard übertreibt nicht, sondern zeigt eine Welt, die der Veränderung bedurfte. Sich von Coca-Cola und Marx zu befreien, ist vermutlich nur möglichen, wenn man sich wie Paul "versehtlich" vom Balkon stürzt..... Leider.
Die harten Schnitte in diesem Kunstfilm haben mir sehr gut gefallen. Die Dialoge sind erfreulich intellektuell. Ein interessanter Film.