Das Zeichnen ist seitdem die Wahrhaftigste, schnellste und kommunikativste Kunst, die ich beherrsche."( W. Joop),
Inga Griese und Edwin Lemberg sind die Herausgeber dieses Prachtbandes, der das Leben und Schaffen des deutschen Designers Wolfgang Joop zum Thema hat. Das Buch enthält neben den biographischen und autobiographischen Texten, handschriftliche Aufzeichnungen Joops, dessen schöne Schrift mir gefällt und mir viel Positives über ihn zu berichten weiß, eine Vielzahl von Privat-Fotos, Modezeichnungen und zahlreiche Aufnahmen seiner Kreationen am Objekt, sprich an bekannten Fotomodellen, wie Claudia Schiffer und Nadja Auermann.
Ich mag Joops Mode, zu seinen Parfums habe ich keine Meinung außer, dass sie zu mir nicht passen, seine Essays lese ich immer wieder gerne, sein Roman Im Wolfspelz., den ich vor einigen Jahren rezensierte, hat mir sehr gut gefallen. Joop verdeutlicht dort, dass er ein überaus sensibler Romancier ist.
Diesen Monat wird der Künstler 65 Jahre alt. Mit großem Interesse habe ich über seine Kindheit gelesen, über seine Eindrücke in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren. Joop war ein hübsches, feinnerviges, sehr nachdenkliches Kind mit einer schwierigen Vaterbeziehungen. Sein Vater war nicht sein Gesprächspartner. Dieser versuchte "mit verzweifelter Härte Macht auszuüben, weil der Sohn nicht nach seinem Wunsch geraten war, viel zu versponnen, und weil er meinte, er würde ein Versager sein." Der Vater hat sich geirrt, denn der Sohn machte selbstverständlich Abitur, begann 1966 Werbepsychologie zu studieren, brach dieses ungeliebte Studium ab und studierte ab 1968 Kunsterziehung. Der damalige Student wurde nicht Achtundsechziger-Revoluzzer, sondern Ernährer seiner Tochter Jette. Er und seine Frau Karin studierten noch. Joop hielt seine Familie mit dem Bemalen von Bauernschränken über Wasser.
Joops Ehefrau Karin studierte übrigens an der Hochschule Modedesign und Bühnenkostüm. Gemeinsam mit ihr gewann er einen Modewettbewerb der deutschen Zeitschrift Constanze, wurde in der Folge Moderedakteur bei einem deutschen Frauenmagazin, arbeitete jedoch ab 1971 freiberuflich als Journalist und Designer. Bilder aus jener Zeit zeigen ihn als einen sehr attraktiven Mann. Man erfährt von Joops Eindrücken auf Modeschauen in Paris Ende der 1970er Jahre, wo er Yves Saint Laurent und Karl Lagerfeld kennenlernte. Auch das Ende der Beziehung zu seiner Frau sowie sein internationaler Durchbruch im Jahre 1978 mit seiner eigenen Pelzkollektion kommen zur Sprache. Seit 1981 dann brachte er eine eigene Pret- à -porter-Kollektion unter dem Namen "Joop" heraus.
Ganz nebenbei erfährt man, von Joops Vorlieben beim Essen, zudem kann man den autobiographischen Textteilen entnehmen, dass er sich sehr mit dem Phänomen der Sternzeichen befasst. Joop ist ein typischer Skorpion. Gunther Sachs ist ganz nebenbei bemerkt auch einer. Beide lieben das Schöne und huldigen ihm auf individuelle Weise.
Mich begeistern Joops Modezeichnungen, die mir sein wahres Können verdeutlichen. Joop sagte 1970 bereits, das seine Hand das kreative Medium für seine Kollektion sei. In jenen Jahren als es noch verboten war, auf Shows zu fotografieren und er als Journalist und Zeichner in Paris arbeitete, lernte er das Gesehene möglichst schnell auf Papier festzuhalten. "Das Zeichnen, so Joop, ist seitdem die Wahrhaftigste, schnellste und kommunikativste Kunst, die ich beherrsche."
Man liest in der Folge liest von seiner Freundschaft zu Jil Sander, seiner Geschäftbeziehung mit Erich Frommen, seiner ersten Herrenkollektion und seinen ersten Designerjeans. Wie die Fotos verdeutlichen, wandte er sich nach der betonten Oversizemode in den 1980er-Jahren einer feminineren Mode zu. Seine Parfüm- und Kosmetikserie bleiben nicht unerwähnt, man liest natürlich auch vom Verkauf seiner Anteile am Label Joop und seiner neuen Firma " Wunderkind", die er 1999 gründete und deren Sitz Potsdam ist. Dadurch macht Joop klar, dass "Wunderkind" ein Kind Preußens ist.
Ich möchte an dieser Stelle nicht alle Aktivitäten Wolfgang Joops auflisten. Deutlich wird, dass dieser Designer ein überaus engagiertes Wunderkind ist, mit preußischer Enegergie, beeindruckender Gradlinigkeit und französischem Sinn für das Schöne, eine Charaktermixtur, die man nicht all zu oft findet. Seine modische Entwicklung beeindruckt mich und verdeutlicht mir, dass er Zeitgeist geradezu vorwegnimmt und in seinen Kollektionen immer wieder zeitnah zum Ausdruck bringt. Seine Mode ist stets auch eine gesellschaftpolitische Aussage.
Ein Buch, das Modebegeisterte in Staunen versetzen wird. Einmalig schön.