Vergleiche zum Roman von Philip Roth kann ich bei dieser Literaturverfilmungsrezension nicht anstellen , da ich bislang dessen Buch noch nicht gelesen habe. Ein schweres Versäumnis , wie ich erkennen musste!
Thema des Films sind die menschlichen Unzulänglichkeiten, die nicht selten zu Lebenslügen führen, wie das Beispiel der beiden Protagonisten zeigt.
Coleman ist Professor für Literatur und Dekan. Er steht kurz vor seiner Pensionierung. Man suspendiert ihn vorzeitig vom Dienst, weil er angeblich eine rassistische Äußerung gemacht hat. Unter dem Deckmantel politisch unkorrekten Verhaltens mobbt man ihn aus seiner Position , um auf jene abgefeimte Weise diese neu zur Disposition stellen zu können.
Als junger Mensch hat Coleman, in dessen Adern schwarzes Blut fließt, was man ihm aber optisch nicht ansieht, eine jüdische Identität angenommen. Er hat sich von seiner Herkunftsfamilie getrennt und diese in der Folge konsequent verleugnet, damit er Karriere machen konnte. Gleichwohl hat er sich aufgrund seiner Machtbefugnisse immer für Minderheiten, insbesondere für die Schwarzen bei Einstellungen eingesetzt.
Seine Lebenslüge hält er auch in der Auseinandersetzung um seinen Job aufrecht.
Unmittelbar nach den widrigen Ereignissen an der Uni stirbt seine Frau, die seine große Liebe war, weil sie das Unrecht, das man ihrem Mann zugefügt hat, nicht verkraften konnte. Coleman sucht einen Schriftsteller auf, der im Laufe der Filmhandlung zu seinem Freund wird und bittet diesen über den Mord an seiner Frau zu schreiben, denn er ist davon überzeugt, dass durch die Mobbinghandlung seine Frau stellvertretend für ihn umgebracht worden ist. Die kausalen Zusammenhänge möchte der Professor in einem Buch dargestellt wissen.
Zu diesem Zeitpunkt hat Colman bereits, die hübsche, sehr nachdenkliche Putzfrau Faunia ( Nicole Kidman) kennen gelernt , die wesentlich jünger ist als er. Daraus abzuleiten, dass er von deren Jugend fasziniert ist, wäre allerdings falsch. Er schluckt Viagra , um Faunia körperlich nahe sein zu können, thematisiert auch dies, gibt sich nicht als jugendlicher Lover.
Die Liebesaffäre zu Faunia ist in den Augen Dritter ein Skandal. Auch ein suspendierter Professor darf offiziell keine Beziehung zu einer Putzfrau pflegen, gerade Ende der 90er Jahre nicht als Clintons Affäre mit Lewinsky Schlagzeilen macht. Die gesellschaftliche Doppelmoral akzeptiert in den USA solche Mätzchen nicht.
Die junge Frau hat schon viel Schreckliches hinter sich. Sie kommt aus reichem Hause, wurde als Kind von ihrem Stiefvater sexuell missbraucht, entflieht dem Elternhaus als Vierzehnjährige, heiratet. Ihr Mann hat aufgrund seiner Kriegzeit in Vietnam eine schwere Psychose. Er ist gewalttätig gegenüber seiner Frau. Sie verlässt ihn daraufhin, wie man ihren Erzählungen entnehmen kann, mit ihren beiden Kindern. Diese verbrennen bei einem Unfall.
Zu allem Übel wird sie von ihrem psychopathischen Exehemann pausenlos verfolgt. Er ist zu einem penetranten Stalker mutiert.
Faunia entschließt sich zu manueller Arbeit, um nicht nachdenken zu müssen.
Menschen ertragen nur ein gewisses Maß an Unglück, dann schalten sie ab, um nicht daran zu Grunde zu gehen. Das wusste Goethe schon lange bevor Psychologen diese Erkenntnis zu Papier brachten.
Faunia hat abgeschaltet. Auf ihr lastet zu viel Unglück. Sie wünscht sich einen alten , verständnisvollen Mann, am besten uralt, im Rollstuhl sitzend, denn aufgrund ihrer Erfahrungen bilden Sex und Gewalt eine Einheit. Diesem Teufelskreis möchte sie sich entziehen.
Sie wünscht sich einen Menschen, der sie liebt. Coleman weiß, dass Faunia nicht seine große Liebe ist, aber seine letzte. Er versteht Faunia. Er ist sehr lieb zu ihr, ohne dabei väterlich daher zu kommen.
Als das vom Leben gebeutelte Liebespaar sich kennenlernt, treffen sich zwei Schiffbrüchige, die aneinander Halt suchen. Dass ein Ereignis beide schließlich in den Tod reißt, wie zu Beginn des Filmes schon gezeigt wird, wundert nicht. Endlich findet die beiden die Ruhe, die das Leben ihnen nicht gelassen hat.
Die auf der DVD dargestellte Geschichte bringt übrigens Colemans Freund zu Papier, wie man zum Ende des Streifens erfährt.
"Der menschliche Makel" ist ein sehr guter Film , der sich mit der Doppelmoral in der Gesellschaft auseinandersetzt, die zu allen Zeiten und in aller Herren Länder stets zu großem Leid geführt hat und es immer noch tut.
Die Schauspieler spielen ihre Rollen exzellent!
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