" Perverse Individuen sind diejenigen, die, unter dem Einfluss ihres großartigen Ich, versuchen, eine Bindung an ein zweites Inividuum aufzubauen, indem sie insbesondere mit der narzißtischen Unversehrheit des anderen den Kampf aufnehmen , um ihn zu entwaffnen." Zitat: Alberto Eiguer
Die in Paris praktizierende Psychoanalytikerin und Familientherapeutin Marie -France Hirigoyen befasst sich in diesem Buch mit dem Phänomen der seelischen Gewalt im Alltag und verdeutlicht, dass diese von Seiten perverser Narzißten an ihren Partnern, Kindern, auch ihren Arbeitskollegen ausgelebt wird und die Opfer krank macht. Hirigoyen versucht die Betroffenen zu ermutigen ihrer eigenen Wahrnehmung zu trauen und sich zur Wehr zu setzen.
Den Aggressor benennt die Therapeutin als narzißtischen Perversen. Gemeint ist damit eine Person, die unter dem Einfluss ihres großartigen Ichs, versucht, eine Bindung an ein zweites Ich aufzubauen, indem sie insbesondere mit der narzißtischen Unversehrtheit des anderen den Kampf aufnehmen, um ihn zu entwaffnen. Sie getrauen sich auch heran an die Eigenliebe des anderen, an sein Selbstvertrauen, seine Selbstachtung und an seinen Glauben an sich selbst. Zeitgleich versuchen sie glauben zu machen, das Band der Abhängigkeit zwischen dem anderen und ihnen sei unersetzlich und es sei der andere, der sich darum bemühe.
Es fällt auf, dass solche Menschen nicht nur durch Größenideen gekennzeichnet sind, sondern auch eine extrem egozentrische Einstellung, einen Mangel an Einfühlung und Interesse für ihre Mitmenschen- so sehr sie andererseits nach deren Bewunderung und Anerkennung gieren-. Narzißtische Perverse empfinden starken Neid auf andere, die etwas haben, was sie nicht haben, und sei es einfach bloß Freude am Leben.
Die Psychoanalytikerin konstatiert, dass es diesen Menschen nicht nur an Gefühlstiefe fehlt, sondern ihr Gefühlsleben auch nur mangelhaft differenziert ist, die Emotionen rasch aufflackern, aber ebenso rasch wieder verschwinden. Besonders fällt das Fehlen echter Gefühle von Traurigkeit, Sehnsucht und Bedauern auf. Das Unvermögen zu echten depressiven Reaktionen ist ein Grundzug der narzißtischen Persönlichkeit.
Die Autorin zeigt nun wie narzißtische Perverse über ihre Herrschsucht und über mittelbare und unmittelbare Gewalt ihren Lebenspartner aber auch ihre Kollegen am Arbeitsplatz und Menschen anderswo zu destabilisieren suchen, indem sie herabwürdigen, diskreditieren, isolieren, schikanieren, den anderen zu Fehlern verleiten, oder sexuell belästigen.
Bei Menschen mit diesem Charaktermuster muss die Liebe stets gespalten sein und umgeben von Hass. Quälen ist die Art ihre Beute nicht loslassen zu wollen, wenn es der Partner geschafft hat, sich zu entfernen. Je stärker der Machttrieb, desto größer ist der heimliche Groll und die Wut. Der narzißtisch Perverse will durch seine Machenschaften den anderen an sich zweifeln lassen. Dazu sind ihm alle Mittel recht; hinterhältige Anspielungen, Lügen, Ungeheuerlichkeiten etc.
Ein solch gestrickter Aggressor verweigert stets die unmittelbare Kommunikation, um aus dem Hinterhalt anzugreifen und sein Opfer, wo er nur kann, als Versager abzustempeln.
Noch schlimmer, wenn der Aggressor ein solches Verhalten gegenüber wehrlosen Kindern gegenüber ausübt. Solche Kinder benötigen in der Folge dringend therapeutische Hilfe, weil Kinder, welche Opfer von perversen Aggressionen sind, einen toten Kern in sich tragen, der eine Spirale der Zerstörung in Gang setzt, die sich später im Erwachsenenalter auslebt.
Sobald ein Opfer widersteht und versucht sich aufzulehnen, weicht die Böswilligkeit einer erklärten Feindschaft. Nun beginnt die Phase der seelischen Zerstörung, die man als Psychoterror bezeichnen kann.
Beim perversen Handlungsablauf ist nicht bloß das Ringen um Macht im Spiel, sondern vor allem der Genuss, den anderen wie ein Objekt , genauer wie eine Marionette zu behandeln.
Der Aggressor zwingt sein Opfer in die Position der Ohnmacht, um ihn dann ungestraft zu zerstören.
Für ihn ist jetzt das Opfer nur noch ein lästiger Gegenstand, dessen Eigenständigkeit verneint wird. Das Recht auf Gefühl oder Gemütsbewegung wird ihm nicht mehr zugestanden.
Das Opfer versteht in der Regel zunächst nicht, was geschieht und fühlt sich allein, angesichts der Aggression. Wie immer unter perversen Verhältnissen herrschen Feigheit und Entgegenkommen in der Umgebung, die ihrerseits fürchtet Zielscheibe des Aggressors zu werden. Perverse Manipulatoren ertragen nicht den geringsten Widerspruch gegen ihre Macht und verwandeln konfliktäre Beziehungen in Hass, die nicht selten sogar die Zerstörung des Partners zum Ziel haben.
Im Kapitel "Die perverse Beziehung und die Protagonisten" zeigt die Autorin, dass es dem Aggressor stets darum geht zunächst zu verführen, anschließend zu beeinflussen, schließlich die Macht zu ergreifen und dem anderen damit jegliche Freiheit zu nehmen. Dabei entwickelt sich die perverse Verführung, indem man die Beschützerinstinkte des anderen ausnützt.
Man versucht die Wünsche des anderen auszuschalten und all seine Eigentümlichkeiten zu beseitigen. Mit der Zeit findet das Opfer seine Widerstandskraft und seine Widerspruchsmöglichkeit aufgerieben. "Er büßt jede kritische Fähigkeit ein." Beginnt das Opfer nach Liebe und Anerkennung zu betteln, löst es bei dem narzißtisch Perversen Hass und Sadismus aus.
Der Aggressor verweigert die unmittelbare Kommunikation. Werden direkte Fragen gestellt, weichen Perverse aus. Diese Form der Nichtkommunikation findet sich auf allen Äußerungsebenen. Wenn Perverse mit ihren Opfern sprechen, ist die Stimme kalt und ausdruckslos. Die Klangfarbe bekundet, selbst für den neutralen Beobachter, Hintergedanken, unausgesprochene Vorwürfe, verschleierte Drohungen.
Auch bei heftigem Wortwechsel wird der Ton nicht lauter, " der andere soll sich ruhig aufregen, was ihn nur destabilisieren kann."
Lüge, Sarkasmus, Spott, Verachtung, auch der Gebrauch von Paradoxen, das Herabsetzen, das Trennen um besser herrschen zu können, dem anderen seine Herrschaft aufzwingen sind Ziele des narzißtisch Perversen.
Wie sich diese Verhaltensmuster im Einzelnen darstellen, erläutert die Psychoanalytikerin im Buch ausführlich.
Hirigoyen thematisiert die perverse Gewalt, macht deutlich wie Hass zutage tritt, wie Gewalt ausgeübt wird und andere in die Enge getrieben werden. Der Perverse unternimmt den Versuch seine Opfer dahin zu drängen , dass sie gegen ihn vorgehen, um sie dann als bösartig anschwärzen zu können. Es kommt dem Aggressor darauf an, dass das Opfer als verantwortlich erscheint für das, was ihm zustößt. Dem Perversen bereitet es Vergnügen die Schwächen des anderen anzupeilen und ihn zu provozieren, damit das Opfer sich damit selbst desavouiert.
Der Perverse wünscht, dass der andere böse wird, was seine eigene Boshaftigkeit in den Normalzustand verwandeln würde.
Das Kapitel 7 widmet die Autorin dem Opfer. Es ist Opfer, weil der Perverse ihn dazu bestimmt hat. Das Opfer wird Sündenbock, verantwortlich für alles Übel.
Das Opfer ist nicht aus sich selbst masochistisch oder depressiv, betont die Autorin. Der Perverse macht sich allerdings den depressiven oder masochistischen Anteil zunutze, der in ihm steckt.
Der Schwachpunkt, an den sich die Perverse bei ihren Partnern heranmacht, befindet sich zumeist im Bereich des Gefühls von Abwertung und Schuld, insofern ist das ideale Opfer eine gewissenhafte Person mit einem natürlichen Hang sich schuldig zu fühlen.
Die Opfer wecken Neid, weil sie zuviel zeigen. Sie schaffen es nicht, das Vergnügen zu verhehlen, dieses oder jenes zu besitzen und wenn es nur die Tatsache ist sich zu freuen.
So werden sie zum Hassobjekt der narzißtischen Perversen.
Die Autorin zeigt die Folgen der Phase des beherrschenden Einflusses, die Verwirrung und Zweifel, den Stress und die Angst, aber auch die Vereinsamung. Auch macht sie deutlich, was längerfristig passiert.
Das Leid, das ein perverser Aggressor auslöst, macht es notwendig, dass man Opfern beisteht und ihnen hilft sich zu wehren.
Marie -France Hirigoyen empfiehlt Opfern einen Therapeuten aufzusuchen, um sich frei zu machen von Schuldgefühlen und sich innerlich aus den kranken Beziehungsmustern zu befreien.
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass narzißtisch Perverse in ihrer Kindheit selbst verletzt wurden und ihr Leben lang versuchen Schmerz auf andere zu übertragen, um sich auf diese Weise aufzuwerten.
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