Rezension: Ardinghello, Heinse

Durch die Bewegung im Beischlaf unterscheidet sich ein Alkibiades vom Bauer." (Heinse),


Der mit vielen körperlichen und geistigen Vorzügen ausgestattete Maler Ardinghello gründet auf den griechischen Inseln einen Idealstaat. Dort lebt er mit Geliebten und Freunden ein Leben in Schönheit und Freiheit, völlig unbeeindruckt vom gängigen Moralismus. Er ist sich dessen sicher, dass nicht die Bücher, sondern die Natur und Erfahrung den wahren Menschen schaffen. Vorbild sind ihm die Griechen und ihre freie Menschlichkeit im Guten wie im Schlechten.

Heinse hat als einziger deutscher Verfechter der Ideale Rousseaus und der Geniezeit deren gesellschaftliche Bewährung in die Reichweite eines Romans gebracht. Die Fernstellung von Ort und Zeit spielt hier wegen der Aktualität der inneren Erfahrungswelt kaum eine Rolle. Wohl aber motiviert die historische Szene, wie häufig auch die Dramatiker des Sturm und Drang, die Gestaltung von Gebärden und Gesinnungen, die in der zeitgenössischen Wirklichkeit nur erträumt werden konnten: von Lebenslust und Sinnesfreude, Republikaner-Tugenden und Frauenemanzipation. In seiner idealen Republik gibt es Gütergemeinschaft und ständige Egalität, ästhetischen Imoralismus und allein die Religion der Natur.

Das Werk erschien am Vorabend der Französischen Revolution. Das geschichtliche Subjekt, dem Heinse die Verwirklichung seines Vitalismus anvertrauen wollte war eine kleine freundschaftlich miteiander verbundene Elite, die den Idealstaat errichtet. Der Held selbst ist ein Künstler. Heines Umgang mit Kunst ist ein Versuch sie als Organ der der sinnlichen Aneignung der Wirklichkeit für jedermann wiederzugewinnen. Dazu war es notwendig die klassische Bildungsmasse zurückzuverwandeln in die Dynamik des Lebens.
Ein interessanter, lesenswerter Text.












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