Derjenige, der zum ersten Mal an Stelle eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." ( Freud),
Kulturenstehung führt Freud aus, dass nachdem der Urmensch entdeckt hatte, dass es in seiner Hand lag, sein Los durch Arbeit zu verbessern, ihm es nicht mehr gleichgültig sein konnte, ob ein anderer mit oder gegen ihn arbeitete. Nun gewann der andere für ihn den Wert des Mitarbeiters, mit dem ein Zusammenleben nützlich war.
Zuvor in seiner affenähnlichen Vorzeit hatte er bereits die Gewohnheit angenommen Familien zu bilden. Die Mitglieder seiner Familie waren vermutlich seine ersten Helfer. Wahrscheinlich hing die Gründung der Familie damit zusammen, dass das Bedürfnis nach genitaler Befriedigung nicht mehr wie ein Gast auftrat, sondern sich als Dauermieter beim Einzelnen niederließ.
Daraus ergab sich für das Männchen das Motiv die Sexualobjekte, sprich die Frauen, bei sich zu behalten. Die Weibchen, die sich nicht von den hilflosen Jungen trennen wollten, mussten in deren Interesse bei den stärkeren Männchen bleiben. Zwar war die organische Periodenzeit des Sexualvorgangs erhalten geblieben, doch ihr Einfluss auf die psychische Sexualerregung hat sich eher in ihr Gegenteil verkehrt.
Freud geht davon aus , dass dies mit dem Zurücktreten der Geruchsreize zusammenhängt, durch welche einst der Menstruationsvorgang auf die männliche Psyche einwirkte. Ihre Rolle wurde von Gesichtserregungen übernommen, die im Gegensatz zu den intermittierten Geruchsreizen eine permanente Wirkung erhalten konnten.
Freud nimmt an, dass das Zurücktreten der Geruchreize die Folge der Abwendung des Menschen von der Erde, der Entschluss des aufrechten Ganges ist. Nun waren die Genitalien sichtbar und schutzbedürftig. Diese Tatsache löste Scham aus.
Freud fasst zusammen, dass am Beginn des verhängnisvollen Kulturprozesses die Aufrichtung des Menschen stand. Von da aus läuft die Verkettung über die Entwertung der Geruchsreize, das Sichtbarwerten der Genitalien, hin zur Kontinuität der Sexualerregung, der Gründung der Familie und damit zur Schwelle der Kultur.
Freud unterstreicht, dass es sich bei seinen Ausführungen um eine theoretische Spekulation handelt.
Auch in dem Kulturstreben nach Reinlichkeit, das in hygienischen Rücksichten eine nachträgliche Rechtfertigung findet, ist ein soziales Moment erkennbar. Freud geht davon aus, dass der Antrieb der Reinlichkeit dem Drang nach der Beseitigung der Exkremente entspringt. Der Sinneswahrnehmung sind diese nämlich mittlerweile unangenehm geworden. Bei Kleinkindern muss durch Erziehung erst darauf hingearbeitet werden, Exkremente als wertlos und verwerflich zu begreifen, weil sie zunächst das Exkrement als wervollen losgelösten Teil von sich begreifen.
Durch die Aufrichtung des Menschen und die Entwertung des Geruchssinnes drohte nach Auffassung Freuds nicht nur die Analerotik, sondern die gesamte Sexualität ein Opfer der organischen Verdrängung zu werden. Seither, so der Psychoanalytiker, werden die sexuellen Funktionen von einem nicht weiter zu begründenden Widerstreben gegleitet, dass eine volle Befriedigung verhindert und vom Sexualziel wegdrängt hin zu Sublimierungen und Libidoverschiebungen. Weiter interpretiert freud die Zähmung des Feuers als Erfolg der Sexualverdrängung und des Triebverzichtes und begründet dies nachvollziehbar.
Interessant auch ist Freuds These wie Schuldbewusstsein kulturell entstanden ist. Durch die Ermordung des Urvaters seitens seiner Söhne soll es sich entwickelt haben und ließ in der Folge das Gewissen entstehen. Der erschlagene Vater wurde nach seinem Tode zum Totemgeist erhöht. Dies war der Beginn der Religion.Aus dem Schuldbewusstsein entstand das Gewissen und erzeugte fortan immer wieder neues Schuldbewusstsein. Diese Tatsache bildete die Grundlage für den Opfekult. Durch den daraus resultierenden Triebversicht war die Fortentwicklung der Kultur nicht mehr aufzuhalten.
Freud hält fest, dass bereits die erste Kulturphase , die des Totemismus,
das Verbot der inzestuösen Objektwahl mit sich bringt. Weitere Einschränkungen werden durch Tabu, Gesetz und Sitte hergestellt, welche sowohl Männer als auch Frauen betreffen. Nicht alle Kulturen sollen gehen darin gleich weit. Die sexuelle Freiheit wird bestimmt von der wirtschaftlichen Struktur der Gesellschaft.
Freud hält fest, dass die Kultur noch andere Opfer als die Sexualbefriedigung dem Menschen abfordert. Der Verzicht der Aggressionslust ist die Idealforderung der Kulturgesellschaft.
Der Sinn der Kulturentwicklung, so Freud, besteht darin uns den Kampf zwischen Eros und Tod, Lebenstrieb und Destruktiontrieb zu zeigen, wie er sich bei Menschen vollzieht. Der Kunstgriff der Kultur, um die für sie hinderliche Aggressionslust zu hemmen und unschädlich zu machen, ist nach Ansicht Freud die Ausbildung des Über-Ichs, welches nun als Gewissen gegen das Ich diesselbe strenge Aggressionsbereitschaft ausübt, die das Ich gerne in anderen fremden Individuen befriedigt hätte. Die Spannung zwischen dem strengen Über-ich und dem unterworfenen Ich ist das Schuldbewusstsein. Diese Spannung äußert sich im Strafbedürfnis.
Das Kultur-Über-Ich hat Ideale ausgebildet , die unter den Begriff der Ethik zusammengefasst werden. Der Einwand Freuds jedoch ist, dass das Kultur-Über-Ich unpsychologisch vorgeht, denn das Gebot der Nächstenliebe ist nach seiner Meinung undurchführbar.
"Die Ethik , die sich an die Religion anlehnt, lässt hier Versprechungen eines besseren Jenseits eingreifen. Ich meine , solange sich die Tugend nicht schon auf Erden lohnt, wird die Ethik vergeblich predigen. Es scheint mir auch unzweifelhaft, dass eine reale Veränderung in den Beziehungen der Menschen zu Besitz hier mehr Abhilfe bringen wird als jedes ethische Gebot..." ( Zitat: Freud)
Freud in seiner Kulturanalyse zum Schluss , dass er weder eine Lösung anbieten könne, noch einen Trost zu bringen weiß. In Anbetracht der Tatsache, dass die Menschheit inzwischen in der Lage ist, sich selbst auszurotten, bleibe nur die Hoffnung, dass der ewige Eros eine Anstrengung machen wird, um sich im Kampf mit einem ebenso unsterblichen Gegner zu behaupten."
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen