Rezension : Geliebte Wildkräuterküche

Die Buchmacherin  Ria Lottermoser hat gemeinsam mit der Biologin Dr. Brigitte Klemme dieses Wildkräuterkochbuch auf den Weg gebracht.  Die Köche Josef Fehrenbach, aus dem "Waldhotel Fehrenbach" in Hinterzarten, Martin Griesser aus dem "Gasthaus Adler" in Hohenems-Österreich,  Yoann Hue aus  dem "Vieux Sinzig" in Sinzig, Raimar Pilz aus dem "Restaurant Fuchshöhle" in Bad Säckingen, Achim Schwekendiek aus dem "Schlosshotel Münchenhausen" in Aerzen und Manuela Treppens vom " Monte Anima" in Loco im Tessin  haben 60 Rezepte mit unterschiedlichen Wildkräutern kreiert, die im Buch bestens erklärt werden.

Bei den Kräutern handelt es sich um: Bärlauch, Große Brennessel, Dost, Gänseblümchen, Giersch, Gundermann, Schwarzer Holunder, Echtes Labkraut, Gewöhnliches Leimkraut, Löwenzahn, Melde, Minze,
Wilde Möhre, Quendel, Sauerampfer, Spitzwegerich, Vogelmiere, Waldmeister, Wiesenbärenklau und Wiesenklee.

Die jeweiligen Kräuter sind gut beschrieben.  Der Standort und die Blüte- sowie Erntezeit werden konkret genannt. Dass Bärlauch, ähnlich wie Knoblauch,  Alliin enthält, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben und ebenso, dass man mit dieser alten Heilpflanze heute Pesto, Nudeln, Suppen, Aufstriche etc würzt.  Aus Brennnesseln lässt sich weitaus mehr  zubereiten als bloß Brennnesseltee, wie die Köche im Buch zeigen und  hinter dem Begriff Dost verbirgt sich  der wilde Majoran, dessen ätherische Öle dem Körper wohltun und der in der mediterranen Küche nicht hinwegzudenken ist.

Gänseblümchen beinhalten Saponine und Schleimstoffe, die schleimlösend wirken, schmecken nussig und  mundet als Pesto sehr gut. Giersch  beinhaltet viel Kalium, Vitamin C und Flavonoide und soll bei Stoffwechselstörungen Wunder bewirken.  Man liest über die Bitterstoffe von Gundermann, über  die schweißtreibende Wirkung von Holunder,  über  die Verwendung von "Echtem Labskaut" bei den Germanen, die das Wildkraut der Fruchbarkeitsgöttin Freya widmeten und es traditionell Gebärenden als Bettstroh unterlegten.

Gewöhnliches Leimkraut kannte ich bislang noch noch nicht. Es soll wohl eine Rarität unter den Wildgemüsen sein, im Gegensatz zum Löwenzahn, dem häufgsten und bekanntesten Wildgemüse, dessen Bitterstoffe  über die Geschmacksnerven die Sekretion von Verdauungsenzymen im Magen anregen . Minze  bildet  die Krönung eines Desserts und verleiht sommerlichen Getränken Frische, während die "Wilde Möhre" durch ihren hohen Gehalt an Carotinen besticht.

Quendel , sprich Wilder Tymian , wurde schon im 15. Jahrhundert in Klostergärten angebaut und verfügt über sehr große Heilkraft, wie im Buch näher erörtert wird.  Wer weiß schon um die breitgestreute Wirkung gegen Bakterien und Viren seitens des Spitzwegerich, der sich als leckere Zugabe zu wilden Salaten perfekt eignet?

Die Vogelmiere scheint mir von den Inhaltstoffen eine besonders gesundheitsförderndes Wildkraut zu sein. Der Tagesbesarf an Eisen, Kalium und Vitamin C lässt sich durch 150 Gramm Vogelmiere decken und Kleeblüten schließlich enthalten Isoflavonoide, die im Menschen wie das Hormon Östrogen wirken.

Aus all diesen Kräutern entwickeln  die Köche delikate Speisen, deren Zubereitung sehr gut erklärt wird und die sich einfach nachkochen lassen.

Hervorheben möchte ich: Martin Griessers " Frischkäseterrine mit Bärlauchpesto und Löwenzahnspinat",  bei der man auf Bisonschinken nicht verzichten sollte. Josef Fehrenbachs "Forellenmaultaschen mit Brennesseln gefüllt". Die Kräutersauce  beinhaltet  neben gehackten Brennesseln auch Kapuzinerkresse, Weißwein und andere Ingredienzien. Schwaben werden von den "Brennesselspätzle" angetan sein, die mit einem Hauch Muskatnuss gewürzt sind.

Ein sehr edles Gericht ist der "Salat von Pfifferlingen, Giersch und frischen Mandeln mit Gänselebercreme" von Raima Pilz, das man mit wildem Storchenschnabel und Lichtnelkenblüten dekorieren sollte, aber auch Yoann Hues "Dorade Royale mit Labskrautvinaigrette", die durch Hagebuttenessig den letzten Kick erhält.
Sehr gut gefällt mir das Rezept für "Kalbsfilet mit Wilder Möhre und Bitterorangen auf Artischocken". Ganz exzellente Zutaten sorgen für eine phänomenales  Geschmacksergebnis.

Eines der besten Gerichte im Buch ist m.E. "Riesengarnelen mit Sauerampfer". Eine Vielzahl von Zutaten machen aus diesem Rezept einen Sommertraum, eine delikate Vorspeise, der  ein "Freiland-Perlhuhn mit Enten-Foie-Gras, Zuckermais und Vogelmiere" folgen sollte, bevor ein "Waldmeistersorbet"  dieses vorzügliche Wildkräutermenü abrundet.

Wer  vor Ostern noch ein paar Pfunde abnehmen möchte, sollte sich abends mit "Fenchel-Apfel-Avocadosalat mit Rotkleeblüten" begnügen. Den roten Wiesenklee findet man auf mageren , aber auch auf reichlich mit Nährstoffen versorgten Wiesen.  Hat man sich beim Pflücken genügend gebückt , darf man zum Salat  noch eine Brot mit würzigem  Thymian-Zwiebel-Brotaufstrich genießen

Im Anhang des gelungenen Buches sind Bezugsquellen für Kräuter und Wildpflanzen aufgelistet.




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