Rezension: Platon: Symposion Das Gastmahl

Liebe ist in dem, der liebt, nicht in dem, der geliebt wird

Das Gastmal von dem hier die Rede ist, hat 416 v. Chr. stattgefunden.

Agathon hat als junger Tragödiendichter gerade einen Preis gewonnen und feiert nun seinen Erfolg mit Freunden, zu denen auch der Philosoph Sokrates zählt.

Eros ist das Thema, worüber man sich den Abend über unterhalten wird.

Dieser Gott ist unter allen Göttern der älteste, erfährt man. Eltern habe er nicht besessen, sondern er existiere seit dem Ende des Chaos und müsse als der Urheber des höchsten Gutes - des Schönen, Wahren und Guten- betrachtet werden, welches für den Liebenden stets im Liebhaber verkörpert sei, weil dieser als dessen Gott das Göttliche ausstrahle.

Alle Gedanken, die die Sprecher in der Folge artikulieren, basieren auf der damals in Griechenland gängigen Knabenliebe, die auch im Umfeld des Philosophen Sokrates eine nicht unwesentliche Rolle spielte.

Dieses Phänomen sollte man allerdings tunlichst nicht mit der heutigen Homosexualität von Dark-Room-Gängern in Verbindung bringen.

Der Homophilie jener Tage hatte einen philosophischen Hintergrund- zumindest im Dunstkreis von Sokrates- . Das wird durch die Reden des Gastmahls verdeutlicht.

Sokrates liebte schöne, feminin anmutende Knaben, weil sie ihn gedanklich beflügelten und ihn gewissermaßen zum Philosophieren anregten. Die Jünglinge liebten ihn , weil er sie philosophisch schulte und ethisch stabilisierte, sie gewissermaßen über sich hinauswachsen ließ.

Die Homo-Erotik diente demnach als Vehikel um geistig-seelische Vollkommenheit anzustreben oder vielleicht sogar zu erlangen.

Phaidros , einer der Gäste , reflektiert den guten und schlechten Eros.

Er stellt fest, dass der Liebende dem Liebhaber gegenüber stets im guten Lichte erscheinen und von diesem niemals bei Schändlichem beobachtet werden möchte. Insofern würde ein besonnener Liebhaber sich positiv auf die charakterliche Entwicklung eines jungen Liebenden auswirken.

Im Übrigen würden die Götter denjenigen am meisten ehren, der aus Liebe für einen anderen bereit sei zu sterben.

Nicht jeder Eros sei schön und würdig gepriesen zu werden, sondern nur der, welcher schön zu lieben reize.

Ein Liebender , der bereit sei dem Geliebten zu dienen und dabei keine Nebenabsichten habe, werde durch Anmut geleitet. Die Sitte gewährt ihm alles ohne Schande zu tun, weil er es einer schönen Sache wegen betreibe.

Bei Bürgerlich-Liebenden , die den Leib mehr als der Seele lieben, schwindet die Liebe, sobald die Blüte des Lebens verschwinde.

Anders hingegen sei es , wenn der Liebende in das Wesen , das edel ist, verliebt sei. Dann nämlich bleibe die Liebe ein Leben lang.

Sich schnell gewinnen zu lassen hält Phaidros für hässlich. Ein Liebesverhältnis sollte sich demnach in Ruhe entwickeln.

Ziel sei stets das harmonische Zusammenklingen, denn dies sei Einigung, die nur dann möglich sei, wenn man nicht mehr entzweit sei.

Das bleibt man jedoch, wenn man sich keine Zeit lasse.

Aristophanes berichtet in der Folge vom Mythos der zweigeschlechtlichen Kugelmenschen, die seitens der Götter getrennt worden seien, weil sie in deren Augen in ihrer Ganzheit zu viel Stärke besaßen und ihnen aus diesem Grund gefährlich werden konnten. Deshalb haben die Götter den weiblichen vom männlichen Part getrennt. Seither aber suchten sich die beiden Hälften und sehnten sich unentwegt nach dem Anderen.

Eros veranlasse , dass Ähnliches stes Ähnlichem zustrebe, weil daraus sich immer Schönes entwickele.

Schöne Seelen mieden grundsätzlich die harte Wesensheit und fühlten sich in zartem Umfeld wohl, wo sie nur immer wieder von neuem beflügelt werden können.

Sokrates lässt uns wissen, dass Eros immer die Liebe zu Schönen sei.

Er hat als junger Mann einst von der Seherin Diotima ( hervorragend gesprochen von Anja Lais) eine teilweise zu den zu den Gastmahl-Reden

konträre Sicht der Dinge gelehrt bekommen, die er den Gästen durch seinen Redebeitrag vermittelt.

Nicht nur der Liebe zum Geliebten wegen sei man bereit zu sterben, sondern vielmehr aus dem Wunsch unsterblich zu sein , aufgrund vermeintlicher Selbstlosigkeit.

Der Wunsch nach Unsterblichkeit sei der Motor für alles, sei die Dynamik jeglichen Antriebes und jeglicher Begierde.

Er sei auch der wahre Grund, weshalb Menschen Kinder zeugen, denn die Zeugung sei das Ewige und Unsterbliche.

Wer unsterblichen intellektuellen Ruhm im Auge habe, der strebt nach Sokrates allerdings einen anderen Weg an. Er nämlich gebiert Ideen, die er alsdann dem klugen , liebenden Jüngling, durch dessen Schönheit er inspiriert wird, weitervermittelt und die dieser dann in der Zukunft an Dritte weitergibt.

Wichtig bei allem also ist die Schönheit des Jünglings, die sowohl innerlich als auch äußerlich vorhanden sein muss, damit das Projekt funktionieren kann. Ohne Schönheit kein Beflügeltsein des Betrachters!



Bei allem also geht es um die Erkenntnis des Schönen, des ewig eingestaltigen Seins und die Wandelbarkeit des Selbst zum Guten, zur Volkommenheit hin.



Während des Gastmahls bindet Sokrates zärtlich Bänder ins Haar der ihn liebenden Jünglinge, aber er bleibt bei seinem Tun immer besonnen.

Trotz allen Ergriffenseins haftet er nicht am Irdischen, sondern hat stets die Vollkommenheit als Ausdruck alles Schönen , Wahren und Guten im Sinn.

Empfehlenswert.



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