Die Liebe ist im Rad der Ewigkeit ohne Zeit, wie die Glut im Feuer ( Hildegard von Bingen),
Es empfiehlt sich bei dem vorliegenden Büchlein zunächst das Nachwort zu lesen. Dort erfährt man die biographische Daten von Hildegard von Bingen ( 1098- 1179 ) und wird über deren Denken und Tun aufgeklärt.
Die Heilige war Mystikerin und Wissenschaftlerin. Sie kam aus einer adeligen Familie aus der Nähe von Bad Kreuznach und wurde von Nonnen unterrichtet. Bei diesen lernte sie Latin und Botanik. 1136 wurde sie Äbtissin von Disibodenberg/ Nahe, ( ich empfehle allen Lesern diesen imposanten Ort zu besichtigen) und gründete in Rupertsberg ein Benediktinerkloster.
Sie erlebte zahlreiche Ekstasen und sagte das große Schisma( 1378-1417) voraus, indem die Christenheit nicht weniger als drei Päpste gleichzeitig haben sollte( die Linie von Rom, Avignon und Pisa).
Hildegard trat mit den führenden Geistern ihrer Zeit in Kontakt, dem Pontifex Eugen III, Adrian IV, und Alexander III, dem Reformator Bernhard von Clairvaux , sowie den Kaisern Konrad III und Friedrich Barbarossa.
Sie erhielt den göttlichen Auftrag ihre Eingebungen niederzuschreiben und begann 1141 ihr erstes Werk " Scivas" (Wisse die Wege). In 26 Visionen entwickelte sie ein umfassendes Weltbild, keineswegs in Begriffen und Ideen, sondern in Bildern, welche den gesamten Kosmos umspannen. Neben theologischen interessierte Hildegard sich auch für wissenschaftliche Fragen und verfasste ein Buch " Causae et curae", das sich mit Krankheitsursachen und deren Behandlung auseinandersetzt. Nebenbei betätigte sie sich als Komponistin und verfasste u.a. 77 geistliche Gesänge. Einige dieser Lieder kann man im vorliegenden Text nachlesen.
" Über die Liebe " ist kein eigenständiges Werk Hildegard von Bingens. Prof. Dr. Peter Dinzelbacher hat Texte der Mystikerin zusammengestellt, die sich mit " Caritas " und " Amor " auseinandersetzten. Sie denkt in den Texten über zu die Liebe Gottes, über Liebe des Menschen zu Gott und über Liebe zwischen den Geschlechtern nach.
So liest man , wie beim Aufeinandertreffen der Tugenden und Untugenden , die personifizierte Liebe die ebenfalls personifizierte Missgunst verurteilt und beschreibt im Gegensatz dazu ihr eigenes Wirken.
Die Äbtissin weiß , dass der Teufel blind für die Liebe ist und die Liebe zu Gott von der Nächstenliebe nicht getrennt werden können.
Das Streben zu Gott muss sich in dieser Welt gegen Widerstände durchsetzen und wird durch Mäßigung erreicht, so Hildegard von Bingen.
In ihrer Betrachtung der körperlichen Liebe ist sie wissenschaftlich beobachtend und warnt die Menschen , die den Reizen des Fleisches verfallen , dass zahlreiche Leiden ( sie denkt offenbar an Geschlechtskrankheiten) daraus erwachsen können.
Außereheliche Liebesverhältnisse kommentiert Hildegard von Bingen wie folgt:" Frau und Mann wirken bei der Erzeugung eines Kindes zusammen. Daher ist es eine überaus schändliche Tat, wenn Unzucht zur Zeit der Fruchtbarkeit eine Trennung bewirkt. Denn Mann und Frau entziehen so das eigene Blut dem Gewebe des Mutterschoßes und verschwenden es an fremden."
Aus ihren Worten spricht mehr die abwägende Wissenschaftlerin als die moralisch indignierte Äbtissin. Bemerkenswert modern!
Zum Abschluss ein Originaltext der Abtissin:
Erkennt der Mensch
Aber die Freude,
die von einem anderen
entgegenkommt,
dann empfindet er in seinem
Herzen ein großes Entzücken.
Denn dann erinnert sich
die Seele
wie sie von
Gott geschaffen ist.
Empfehlenswert!
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