" Unter die größten Entdeckungen, auf die der menschliche Verstand in den neuesten Zeiten gefallen ist,
gehört meiner Meinung nach wohl die Kunst, Bücher zu beurteilen, ohne sie gelesen zu haben." ( Zitat: Georg Christoph Lichtenberg)
Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) war Professor für Mathematik und Physik in Göttingen, außerdem war er Schriftsteller. Er betrieb intensive naturwissenschaftliche Forschungen u .a . in der Elektrizitätslehre, Astronomie , Geophysik und Meteorologie. Sein Ruf als Schriftsteller beruht vor allem auf seinen ironisch geistvollen
" Sudelbüchern ", in denen er sich als Repräsentant der Aufklärung erweist.
"Denken mit Georg Christoph Lichtenberg " beinhaltet Essays und Aphorismen über Philosophie und Naturgeschichte der Seele, Gelehrte und Schriftsteller, Theater und Politik des großen Denkers. Das erhellende Vorwort hat Egon Friedell verfasst, der die Leser wissen lässt, dass Lichtenberg gegen die Gebrechen seiner Zeit nie leidenschaftlich Partei ergriffen hat, stattdessen stets in der Reservestellung eines kühlen Mentors blieb.
Vor wenigen Tagen las ich aus der gleichen Serie " Denken mit Oscar Wilde " und muss von daher vorsichtig sein in meinem Urteil, nicht zuletzt weil Lichtenberg nicht über die sprachliche Geschliffenheit eines Wilde verfügt. Im Denken steht er allerdings Oscar Wilde in nichts nach und darauf kommt es letztlich in der Beurteilung an.
Bei den Beobachtungen über den Menschen allerdings findet man Bonmots, die das Niveau Wildes auch sprachlich erreichen. So weiß er zu berichten, dass er immer gefunden habe, dass die sogenannten schlechten Leute gewinnen, wenn man sie genauer kennen lernt und die guten verlieren und sich bei den meisten Menschen der Unglaube in einer Sache auf dem blinden Glauben in einer andern gründet.
Lebt man schon ein wenig länger auf dieser Welt, weiß man um den schönen Schein und kennt die ideologische Verbohrtheit seiner Zeitgenossen. Im Grunde kann man immer nur noch positiv überrascht werden.
An anderer Stelle liest man eine kleine Sentenz " Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten. " Das kann ich bestätigen. Von frühester Kindheit an kannte ich Menschen, die zwölf Stunden am Tag mindestens arbeiteten und nie über Zeitnot klagten. Später sind mir auch Müßiggänger begegnet, die nicht die innere Freiheit besaßen, zu ihrem Müßiggang zu stehen. Diese jammerten ohne Unterlass keine Zeit zu haben. Bedauernswerte Personen.
Mich über Lichtenbergs Gedanken zu Technik des Dramas hier auszubreiten führt zu weit, - soviel nur: es lohnt, sich damit zu befassen -. Ich beschränke mich in meiner knappen Betrachtung auf seine seine Lebensmaximen, weil diese viel über den Schriftsteller aussagen.
" Wer in sich selbst verliebt ist, hat wenigstens bei seiner Liebe den Vorteil, dass er nicht viele Nebenbuhler hat. " Vielleicht ist ja die Angst von seinem Nächsten nicht angenommen, nicht geliebt zu werden, weil man sich für nicht würdig erachtet, das eigentlich Motiv mancher Menschen grenzenlos egozentriert zu handeln. Vielleicht fußt Egozentriertheit auf einem Minderwertigkeitskomplex. Psychologen wissen sicher eine Antwort.
" Wie glücklich würde mancher leben, wenn er sich um anderer Leute Sachen so wenig bekümmert, als um die eigenen ". Diesen Eindruck habe ich schon lange, wenn ich die Aufgeregtheiten all über all sehe und den Neid, der letztlich durch die Medien geschürt wird.
Die Menschen werden durch das pausenlose Schielen auf den Erfolg und die Habe ihrer Mitmenschen wie gelähmt. Ihre Kreativität gerät auf den Nullpunkt. Das ist sehr schade.
Um die Neugierde auf das Buch etwas zu potenzieren, möchte ich Lichtensbergs Vermächtnis in Sachen Lebenskunst noch zitieren:
" Jeden Augenblick des Lebens, er falle aus welcher Hand des Schicksals er wolle uns zu, den günstigen sowie den ungünstigen, zum bestmöglichen zu machen, darin besteht die Kunst des Lebens und das eigentliche Vorrecht eines vernünftigen Wesens. "
Ein kluger Mann.
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