Susanne Fröhlich hat ein sehr intelligentes, analytisches und dabei sprachlich witzig-kurzweiliges Buch verfasst, welches sich mit einem Problem beschäftigt, das die meisten Frauen umtreibt: ihre Figur.
Ich selbst war zwar in meinem Leben noch nie übergewichtig, dennoch interessieren mich die Befindlichkeiten übergewichtiger Menschen sehr. Ich hoffte von der Autorin, die in meinen Augen keineswegs dick ist, Näheres über die seelischen Probleme, die "moppelige" Menschen haben, zu erfahren. Schon nach wenigen Seiten stellte ich fest, dass Fröhlich in diesem Text weit über die psychischen Schwierigkeiten, die dicke Menschen heimsuchen, hinausgeht. Sie verdeutlicht nämlich, dass im Grunde die meisten Frauen - dünne, schlanke und übergewichtige - ihre Figur dauernd im Fokus haben, mehr als alles andere in ihrem Leben.
Fröhlich macht klar, dass Dünnsein für viele Frauen heute eine Art Ersatzreligion geworden ist und zwar mit allem, was dazugehört. Sie nennt: " Erlöser, Dogmatismus, Missionare, Teufel, Hölle, Sünde, Versuchung, Absolution, Buße und Selbstgeißelung." Mit dieser These trifft sie ins Schwarze.
Viele, nicht nur junge Frauen streben die Kleidergröße 32 an. In der Bundesrepublik gibt es deshalb mittlerweile 600 000 Bulimiker- zu 90 Prozent Frauen zwischen 18 und 35 Jahren- aber mittlerweile scheinen auch immer mehr Frauen jenseits ihres 40. Lebensjahres abzumagern, weil Magerheit zum Synonym für Jugend geworden ist.
Fröhlich erwähnt die deutsche Modedesignerin Anja Gockel, die vor Kurzem- meines Erachtens zu Recht, als Grund für die extrem kleinen Größen der High Fashion die hohe Schwulenrate der Branche nannte. Sie ist der Meinung, dass die vielfach homosexuellen Designer deshalb so winzig kleine Größen produzieren, weil sie knabenhafte Größen im Sinn haben. Die Autorin schreckt nicht davor zurück, an Lagerfeld Kritik zu üben, der sich sehr despektierlich über Frauen äußert, die die Mager-Diktatur der Mode in Frage stellen.
Der Modemacher Ralph Lauren (so weit mir bekannt, ist er nicht homosexuell , unterwirft sich jedoch auch dem Size. Zero-Trend ) feuerte vor Kurzem ein Model, das seiner Meinung nach zu fett gewesen sei. Dabei wiegt die Laufsteg-Schöne nu 54 kg bei einer Größe von 174cm.
Size Zero ( Größe 32) bedingt bei jungen Mädchen und Frauen Ernährungsdefizite und ist ebenso gesundheitsschädlich wir starkes Übergewicht. Susanne Fröhlich macht auf beiderlei Formen von Fehlernährung aufmerksam und plädiert für einen entspannteren Umgang mit dem eigenen Körper. Für sie gibt es ein Leben jenseits von Size Zero, aber auch eines jenseits der Kleidergröße 40.
Fröhlich ist eine Medienfrau und dort von Size- Zero-Damen umzingelt. Das ist sicher nicht einfach für sie , die bei einer Größe von 173cm - ich vermute mal - Kleidergröße 40 trägt, weil ihr ihre Figur letztlich als Disziplinlosigkeit angerechnet wird. Die berufstätige Endvierzigerin , Mutter zweier Kinder , beweist durch ihr vielseitiges Engagement, dass sie eine sehr disziplierte, starke Frau ist, die sich allerdings genussvoller Speisen nicht verwehrt, auch wenn sie sich dadurch die Chance nimmt, zu einer Elfe zu mutieren.
Sehr gefallen hat mir das beigefügte Interview mit der molligen Spitzenköchin Lea Linster, die bei akuter Kurzatmigkeit die Essbremse zieht. Sie sagt, ihr Bauchgefühl funktioniere 1 A . Sie könne sehr gut auf ihren Körper hören und das sei eines ihrer Geheimnisse.
Auf den eigenen Körper hören und nicht auf die Meinungsmache Dritter ist meines Erachtens das oberste Gebot, wenn man sich im eigenen Körper wohlfühlen möchte und dies geschieht am besten, wenn man sich in dessen Mitte aufhält. Wer seine innere Mitte gefunden hat, wird weder zum Size -Zero- noch Fettsuchtkanditaten.
Dass Frau Fröhlich diese innere Mitte gefunden hat, zeigt wie reflektiert und entspannt sie mit ihrem Thema umgeht und wie ironisch sie ihre Genussfreude dem Leser präsentiert
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