Rezensenten:Der zerbrochene Krug von Jean-Baptiste Greuze, 56x66

" Die Lieb` ist wie ein Wiegenlied, es lullt dich lieblich ein; doch schläfst du kaum, so schweigt das Lied
 und du erwachst allein." (Th.Storm)
Deutlich erkennen wir in diesem Bildnis eines "gefallenen Mädchens" den "erhobenen Zeigefinger", der die moralische Entrüstung des bürgerlichen Publikums des 18. Jahrhunderts wiedergibt.

Es handelt sich um ein Publikum, das gleichzeitig an derartigen Bildern voll versteckter Erotik und einer gewissen Freizügigkeit seinen Gefallen findet.

Für den heutigen Betrachter ist dieses delikat gemalte Bild - beinahe möchte man glauben, dass der Maler für die Not des jungen Mädchens Verständnis zeigt und es bemitleidet - ein Dokument einer vergangenen Moral.

Wenn ein junges Mädchen die Unschuld verloren hatte, dann war das früher eine Schande für die ganze Familie. Selbst wenn es gelang, die Sache zu vertuschen, blieb an dem unglücklichen Kind ein unverzeihlicher Makel hängen.

Noch bis in unser Jahrhundert war stets nur das Mädchen für den " Fehltritt" verantwortlich.

Der Maler deutet das Geschehene schon mit dem Bildtitel "Der zerbrochene Krug" an. Dieser Krug hängt nutzlos am Arm der Unglücklichen. Er vermag das Wasser, das aus dem Löwenmaul des Brunnen plätschert, nicht mehr aufnehmen. Auch die Rosen in der Schürze des Mädchens werden schnell welken.

Dieses Mädchen ist in Wirklichkeit noch ein halbes Kind, das in seiner Unschuld kaum begreift, was ihm widerfahren ist. Erst die prüde Verzweiflung der Erwachsenen wird ihm die Augen öffnen, und erst dann wird dieses Mädchen-Kind seine Unschuld verlieren.








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