Rezension: Die Tafelfreuden der preussischen Könige (Gebundene Ausgabe)

Pardonnez moi , mon cher Katte ! ( Friedrich der Große
Die studierte Historikerin und Politologin Anja Knott nennt ihr Buch " Die Tafelfreuden der preußischen Könige" . Wenn man aber den von ihr konzipierten , vielschichtigen Text liest, stellt man fest, dass sie weit über den vermeintlichen Rahmen hinaus Bericht darüber erstattet, was die preußischen Könige über die Epochen hinweg von anderen Herrschern unterschied.

Knott setzt sich kritisch mit den Regierungsgeschäften, den Kriegen aber auch den Jagdgesellschaften ( dem Männerleben) der preußischen Herrscher auseinander und beschreibt die architektonischen Vorlieben beim Bau neuer Schlösser. Sie spricht von den allmählich sich entwickelnden, ideologischen Veränderungen in deren Geisteshaltung , von deren großen Reformen , aber auch von deren Verhalten dem Volk gegenüber.

Natürlich sind die Gattinnen ein nicht hinweg zu denkendes Thema. Diese Frauen waren nicht selten gebildeter und klüger als ihre Männer. Das zeigt nicht nur die biographische Skizze Sophie Charlottes, deren Dauergesprächspartner und Freund der Philosoph Leibnitz war, sondern auch die Kurzbeschreibung der liberal gesinnten Viktoria. Letztere führte übrigens mit Bismarck einen harten, intellektuellen Kleinkrieg. Diesem erscheint die zukünftige Kaiserin, die politische Denkschriften verfasst und Karl Marx liest, zu freigeistig. Bismarck redet ihr übel nach und behauptet der spätere Kaiser Friedrich III sei seiner " sinnlichen Frau sexuell verfallen".

Knott lässt die Mätressen nicht unerwähnt ,- Friedrich der Große hatte selbstredend keine - aber sein Neffe Friedrich Wilhelm II ( im Volksmund der dicke Lüderjahn genannt) war von Wilhelmine Encke , der preußischen Pompadour, so angetan, dass er trotz unzähliger Affären, von dieser Frau nicht lassen konnte.

Wie sahen nun die Tafelfreuden der preußischen Könige aus?

Allesamt dem Militärischen zugewandt, dazu noch freudlos protestantisch, vermutet man zunächst eine betont karge Tafel. Da jedoch irrt man!

Während des Barockzeitalters speiste man am preußischen Königshof so opulent, wie in ganz Europa. Wasser wurde nur dem Volk gepredigt.

Die intellektuelle Sophie Charlotte, die durch Schönheit und Esprit sogar den frauenverwöhnten Sonnenkönig für sich begeistern konnte, betrachtete den Prunk und die Völlerei ihres Gatten eher skeptisch.

Die Autorin demonstriert anhand von nicht enden wollenden Menüfolgen die gesamte barocke Fülle, die an dieser Stelle leider nicht nachgezeichnet werden kann, weil es den räumlichen Rahmen einer Amazon-Rezension sprengen würde.

Diese ellenlangen Menüs waren in erster Linie Fleischorgien: Fasanen, Rebhühner, Lerchen, Krammetsvögel, Wasserschnepfen, Lerchen, Ortolanen, Kalkune, Wildbret u.s.w.u.s.f..

Der extrem geizige König Friedrich Wilhelm I , der zu Recht ungeliebte Vater Friedrichs des Großen, setzte seinen Gästen in der Regel nur kostengünstige Mahlzeiten, wie etwa "Weißkohl mit Hammelinnereien" vor und investierte das eingesparte Geld in den Kauf seiner " Langen Kerls". Seinen Köchen rechnete er die Ausgaben peinlichst nach.

Unmengen billigen Rheinwein trank er mit seinen Generälen und Ministern in seinem Tabakkollegium, wo er am Abend 30 Pfeifen qualmte und diese Rauchexzesse auch von seinen Gästen abfordete.

Den Intellektuellen Freiherr von Gundling ließ er in einem Weinfass beerdigen, denn Intellektuelle waren die natürlichen Feinde des Soldatenkönigs.

Sein Sohn Friedrich II, ein aufgeklärter Monarch und Verfasser des " Anti-Machiavell" speiste niveauvoll, an die hohe französische Küche angelehnt und hatte an seiner Tafel Voltaire , Lord Georg Keith, Ludwig von Stille, Marquis d`Argens, James Keith, Algarotti, Graf von Rothenburg und La Mettrie versammelt.

Die Tafelrunden von Sanssouci sollen die geistreichsten, lebhaftesten und amüsantesten Soireen in ganz Europa gewesen sein. Die Speisen waren edel, auch leicht und behinderten nicht die geistigen Höhenflüge der eloquenten Gäste.

Friedrich der Große bevorzugte die Weine des Bergerac und Bordeaux-Weine.

Die Rheinweine , die er nicht mochte, kommentierte er wie folgt: " Wer einen Vorgeschmack auf das Gehenktwerden bekommen will, muss nichts anders tun als Rheinwein trinken!

In den Folgejahrzehnten werden die Speisen immer exquisiter und zu Zeiten von Königin Luise - die Damenmode hatte sich geändert und erlaubte kein Gramm zuviel- aß man z.B. " Kibitzeier auf Frankfurter Art", " Langusten nach Pariser Art", " Perlhuhn nach Burgunder Art" bei Hofe und hatte sich von den Lebensgewohnheiten der vorangegangenen vielen Jahrzehnte in mancher Hinsicht abgesetzt.

Eine Fülle von Fakten bis zur Abdankung Wilhelm II und seinem Leben im Doorner Exil lassen das Augenmerk auf die kulinarischen Freuden der Hofgesellschaft aber in keiner Minute vergessen, die in den vielen preußischen Schlössern, wie Schloss Schönhausen, Schloss Charlottenburg oder Schloss Sanssouci für Kurzweil sorgten.

Die Autorin wartet mit 75 delikaten Rezepten aus unterschiedlichen Epochen zum Nachkochen auf. Der Leser darf sich durch reichhaltiges Bildmaterial visuell eine gaumenkitzelnde Anregungung holen und sich freuen, dass seit den Zeiten Friedrichs des Großen der Rheinwein in seiner Qualität sehr verändert worden ist, die Geschmacksnerven nun nicht mehr malträtiert werden, sondern sie stattdessen frohlocken dürfen . Friedrich wäre gewiss erstaunt.
Ein schönes, reich bebildertes, hochinformatives , gelungenes Buch.

Sehr zu empfehlen.






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