Rezension: Farbwunder

Warum sinken
die Blüten nieder,
da doch die schimmernde Erde
sich mit dem Duft
des Himmels eint?
(Ki no Tomonori)

Dieser Kunstband ist dem  immerwährenden  Farbwunder des Frühlings gewidmet. Der 1935  auf der Schwäbischen Alb geborene Künstler Andreas Felger  wartet im Buch mit Abbildungen einer Sammlung von Aquarellen auf, die  wunderschöne Alb- und Bodensee-Impressionen in verschiedenen Stadien des Frühlings zeigen.  Mediterrane  Farben, unendlich viele Blau- und Grüntöne begeistern mich ebenso, wie die  unzähligen  Blumen und blühenden Bäume, die der Künstler mit kräftigen Pinselstrichen auf die Leinwand gebannt hat.

Nach einem Geleitwort von Rüdiger Görner darf man sich nicht nur der Frühlings-Motive Felgers erfreuen, sondern  auch vieler Frühlingsgedichte und  kleiner Prosatexte von Reinhold Schneider, Wolf Biermann, Hermann Hesse, Reiner Kunze,  Richard Demel, Rainer Maria Rilke, Georg Britting, Robert Walser, Karl Krolow,  Ingeborg Bachmann, Gisbert Kranz, Jochen Klepper, Günter Eich, Rose Ausländer, Jan Skácel,  Else Lasker Schüler, Marie Luise Kaschnitz, Chaim Noll,  Matsu Basho, Albrecht Goes, George Sand,  Chigetsu, Otomo no Kuronushi,  Rudolf Otto Wiemer, Mutsuhito,  Elisabeth von Arnim,  Hugo von Hofmannsthal,  Cordilia Edvardson, Pablo Neruda,  Henry von Heiseler,  Johannes Bobrowski,  Hans Magnus Enzensberger und anderen mehr. 

Neben der Liebe, scheint der Frühling am meisten zur Poesie anzuregen. Das erste Grün, die Sonne, die Blumen, die Farbenpracht werden in besonders vielen Texten thematisiert. Ein zauberhaftes Bild  mit Kirschblütenmotiv wird von einem Gedicht Chigetsus begleitet."Wenn ihr nicht wäret, / lichtdurchschienene Kirschblüten,/ warum sollte ich noch leben?/

Ich kannte bislang keine Gedichte von Asiaten, aber es sind gerade  deren höchst sensible  Betrachtungen,  mit denen ich mich am intensivsten anfreunden kann. Diese Gedichte sind immer sehr kurz, doch dafür ungeheuer aussagekräftig: Wenn der Blütenschimmer/der Kirschbäume auf den Hügeln/ länger währte/als ein paar Tage,/ wie würden ihn so innig nicht lieben /(Yamabe no Akahito).

Wiedergeben möchte ich an dieser Stelle ein Gedicht Rose Ausländers in seiner Gesamtheit, weil es mich von allen im Buch enthaltenen Texten neben den asiatischen Versen  am meisten berührt hat und m.E. jedem einzelnen Frühlingsaquarell Felgers beigefügt werden könnte.

Frühling I

Mit dem Akazienduft
fliegt der Frühling
in dein Erstaunen

Die Zeit sagt
ich bin tausendgrün
und blühe
in vielen Farben

Lachend ruft die Sonne
Ich schenke euch wieder
Wärme und Glanz

Ich bin der Atmen der Erde
flüstert die Luft

Der Flieder
duftet 
uns jung







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