"Jetzt habe ich das Meer gesehen, fühle ich ganz, wie wichtig es ist, im Süden zu bleiben und zu spüren, das man die Farbe noch mehr übersteigern muss- es ist nicht mehr weit bis Afrika." (Vincent van Gogh)
Philippe Cros stellt in diesem Buch die Provence und ihre Maler vor.
Eine Fülle beeindruckender Gemälde, auch interessanter Fotos und eloquenter Texte erwarten den kunstinteressierten Leser.
Das Buch ist untergliedert in: Die Wegbereiter, Avignon- von den Päpsten um Félibrige, Der Pays d` Arles , Aix-en- Provence, Marseilles, Toulon, Saint-Tropez, Cannes, Grasse und Vence, Von Atibes nach Vallauris und Nizza.
In der Einleitung mit der Überschrift " Land zur Sonne " wird der Provence bereits textlich gehuldigt.
Neben ihrer landschaftlichen Vielfalt und der Schönheit ihrer Küste ist es vor allem dieses Licht, das Raum und Körper dem Auge auf so klare Weise offenbart, welcher der Region, aus dem so viele Maler ihre Inspiration schöpften ,seine Ausstrahlungskraft verleiht.
Die Geschichte der Malerei in der Provence ist zugleich die Geschichte des Blickes mit dem berühmte und weniger berühmte Künstler Orte und deren beeindruckendes Licht wiederzugeben suchten.
Der große Wegbereiter der Maler in der Provence war Enguerrad Quarton. Er kam Mitte des 15. Jahrhundert an der päpstlichen Hof nach Avignon.
Im Zeitalter der Aufklärung dann ragte der Maler Claude Joseph Vernet heraus. Er war einer der Ersten, die sich dem Licht widmeten. Das wird besonders in seinem Gemälde " Der Hafen von Marseille " von 1754 deutlich.
Mit der Geschichte und den Zeichen eines über Jahrhunderte währenden Wohlstandes besaß Avignon im 19. Jahrhundert alle Merkmale, die die Maler jener Zeit zu verzaubern vermochten. Im Gegensatz zu Arles , das vor allem ausländische Maler wie van Gogh oder " eingebürgerte " Maler wie Léo Lelée anzog, sollte Avignon vor allem heimische Künstler inspirieren. Man lernt Gemälde von Alfred Casile, Jules Flour und André Lhote aber auch Paul Signac kennen.
Signac hat gemeinsam mit Seurat die Technik des Pointillismus entwickelt und sie zum so genannten Divisionismus verfeinert.
Bereits 50 Jahre vor Ankunft van Goghs hatte Arles einen anderen Künstler aus dem Norden bezaubert. Prosper Grésy war einer der Ersten, der die wilde Schönheit der Provence in seiner Malerei zum Ausdruck brachte.
Vincent van Gogh übersiedelte 1888 nach Arles. Für ihn war die Provence einst das Land der Blautöne und der fröhlichen Farben. Fast sein gesamtes Geld gab er für Farben aus. Einmal bestellte er sogar 108 Tuben in einer Lieferung. In Arles entstanden auf dem Höhepunkt seines Schaffens über einen Zeitraum von 15 Monaten genau 190 Arbeiten, in Saint Remy innerhalb eines Jahres insgesamt 150 zum Vergleich. Wunderschön sind seine abgelichteten Gemälde " Blick auf Arles ", " Caféterrasse bei Nacht ", " L`Arlesienne ", " Sternennacht über der Rhone ", auch der " Tanzsaal á Arles ". Die Blautöne begeistern in ihrer Vielfalt.....und dann Aix en Provence: Granet, Prosper Grèsy und schließlich der von mir besonders geliebte Paul Cézanne werden u.a. thematisiert. Cézannes vornehmliches Verdienst war, dass die Sonne des Midi in die moderne Malerei Einzug hielt. Sein Gemälde " Chateau Noir " ist atemberaubend schön. Seine Verbundenheit mit der Provence zeigt sich auch in " Der Taubenschlag in Bellevue " und in " Die Montagne Sainte-Victoire ".
Für Cezanne stand fest, dass sich in den großen klassischen Länder,- das waren für ihn die Provence, Griechenland und Italien-, das Licht vergeistigt.
Unmöglich alle im Buch besprochenen Maler aufzuzählen.... Pablo Picasso muss man natürlich erwähnen, auch Leon Gimpel und Charles Pellegrin.
Von Cézanne im Motiv und seiner Auffassung der reinen Farbe beeinflusst, schuf Dufy drei Variationen eines Motivs mit Fischerbooten. Allerdings blieb seine Annäherung an die Kunst Cézannes nur vorübergehend.
Der nächste Ort, der im Buch von seinen Malern her thematisiert wird ist Marseille. Unter der Ägide von Èmile Loubon ( 1809- 1863) entstand eine Schule von Landschaftsmalern , deren unbestrittener Meister er blieb und deren Atelier die Provence war.
Zauberhafte Gemälde von Paul Camille Guigou erfreuen den Betrachter. Seine ersten Landschaften waren noch stark von der Kunst Loubons geprägt und maßen der Welt der Mineralien und Pflanzen große Bedeutung zu. Durch den Einfluss der Impressionisten brachte er die Besonderheit der Lichtverhältnisse immer besser zum Ausdruck Sein Gemälde " Landschaft in der Provence "," Ansicht von Saint -Saturnin -lés -Apt " ist voller sommerlicher Melancholie.
Jean-Baptiste Olives " Die Corniche bei Marseille " fasziniert ob ihrer Grüntöne. Getoppt wird die Faszination durch Paul Signacs " Hafeneinfahrt von Marseille " und Cezannes " Der Golf von Marseille ".
Man liest über George Braque, auf den Cézanne entscheidenden Einfluss hatte und lernt auch Gemälde des Künstlers André Derain kennen. Er legte das Hauptaugenmerk auf eine stärkere Strukturierung der Formen und entfernte sich nach und nach vom Fauvismus, der im Buch von Cros gut erläutert wird.
Sehr gut beschrieben und gezeigt werden die Maler von Toulon, auch von Saint-Tropez, wie etwa der Pointillist Henri Edmont Cross, der konstatierte: " Wie schön das ist ! Und ernst und frivol, je nach Geisteshaltung des Beobachters. Die Mandelbäume und Mimosen gleichzeitig stehen in voller Blüte. Stellen Sie sich die Heiterkeit des Gemäldes vor, das wir bei diesem klaren Himmel genießen." Der Maler Paul Signac ,dessen Gemälde " Saint Tropez, der Quai " man kennenlernt, sagt: " Im Vordergrund die Goldfarbene Meeresküste, die blaue See, deren Wellen an einen kleinen Strand schlagen. Im Hintergrund die blauen Umrisse des Massif des Maures und des Massif de Ésterel- all das gibt mir Arbeit für mein ganzes Leben- es ist das Glück, das ich soeben entdeckt habe."
Cannes hat von den vielen malerischen Plätzen, die möglicherweise größte Anziehungskraft für die Maler. Picasso, Le Bonnard werden hier hervorgehoben, bevor Grasse und Vence thematisiert werden.
Mein geliebtes Saint Paul kommt zur Sprache und dort das heutige " La Colombe d`Or ", mein vevorzugtes Domizil . Die " Fondation Maeght " bleibt nicht unerwähnt und auch nicht das Grab Marc Chagalls , das ich immer wieder besuche . Natürlich kann man sich im Buch auch schöner Chagall-Gemälde erfreuen. Fernand Léger in Biot und August Renoir in Cagnes werden ausgiebig besprochen. Betrachtet man Renoirs Gemälde " Pinien bei Cagnes " , begreift man, wieso der Maler sagte " In diesem wunderbaren Land scheint es , als ob kein Unglück einen erreichen kann. Man lebt wie in Watte gehüllt. "
Interessant auch die Maler von Antibes und Nizza. Die zauberhaften Gemälde Monets , wie " Antibes am Nachmittag " oder " Antibes , vom Plateau Notre-Dame aus gesehen ", aber auch " Im Atelier in Nizza " von Henri Matisse machen deutlich, dass die nachstehende Aussage von Henri Matisse von jedem anderem Maler, der sich in der Provence aufhielt oder im Moment dort verweilt, unterschrieben werden kann: " Als mir bewusst wurde, das ich nun jeden Morgen dieses Licht sehen würde, konnte ich mein Glück kaum fassen. Ich hatte mich entschieden, Nizza nicht mehr zu verlassen und blieb dort praktisch mein ganzes Leben lang. "
Eines der besten Kunstbücher, das ich kenne.
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