Rezension: Kunstbuch: Ernst Ludwig Kirchner Retrospektive

"Ich staune über die Kraft meiner Bilder im Städel." (L. Kirchner)

Dies ist der Katalog zur Ausstellung "Ernst Ludwig Kirchner Retrospektive", die derzeit ( 23.4.- 25.7.2010) im Städel Museum in Frankfurt/Main gezeigt wird.

Ludwig Kirchner (1880-1938) war der Mitbegründer der Künstlergemeinschaft "Brücke" und einer der Hauptvertreter des "Expressionismus". Im vorliegenden Buch lernt man sein Leben und Werk detailliert kennen. Kirchner war wohl ein innerlich sehr zerrissener Mensch mit tiefen Misstrauen. Die Kehrseite davon waren ein ausgeprägtes Geltungsbedürfnis und Sendungsbewusstsein (vgl.: S.23), Gegebenheiten, die sich m.E. in einigen seiner Bilder erkennbar wiederspiegeln.

Das Buch beginnt mit einem Vorwort von Max Hollstein, einem erhellenden Aufsatz, im Hinblick auf die Person Kirchner von Felix Krämer mit dem Titel "Im Widerspruch. Ernst Ludwig Kirchner", dem sich der so genannte Tafelteil anschließt, in dem Felix Krämer, Nicole Brandmüller, Nerina Santorius, Javier Arnaldo, Beate Ritter und Sandra Oppmann im Rahmen eloquenter Beiträge den Leser über bestimmte Entwicklungsstadien des Künstlers näher aufklären. Den Texten sind hervorragende Abbildungen von Werken des Künstlers beigefügt, nicht zuletzt auch das "Englische Tanzpaar", um 1909/26, das ich schon oft im Städel Museum bewundert habe.

Dem Tafelteil folgen drei Essays, die wiedrum von Abbildungen von Werken des Künstlers begleitet werden und den Gesamteindruck, was Kirchner und sein Schaffen anbelangt, vervollständigen:

- Ernst Ludwig Kirchner und Frankfurt am Main

-"Aus zweien eins". Kirchners Bilder von Paaren

-"Gezeichnetes Tagebuch"- Ernst Ludwig Kirchners Arbeiten auf Papier


Im Katalogteil schließlich werden alle Werke, die man im Buch optisch kennen lernen konnte, detailliert beschrieben und es werden jeweils die Quellen der Bildinterpretationen angeben. Das von mir so geschätzte "Englische Tanzpaar", wird durch die beigefügten Erklärungen keineswegs uninteressanter.

Kunstbegeisterte dürfen sich auf das breitgefächerte Werk des Künstlers, und auf dessen beeindruckende Farb- und Formengebungen freuen. Insgesamt warten 380 farbige Abbildungen auf den Betrachter.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass Kirchner bei den Nazis als "entarteter Künstler" verfehmt wurde und 1937 über sechshundert seine Werke beschlagnahmt wurden. Kirchner litt unter dieser Verfemung und beging 1938 Selbstmord. Diesen großen Expressionisten betrachte ich als ein Opfer der Intoleranz.

Obschon ich mich sehr lange in die Bilder vertieft habe und mir viele Werke sehr gut gefallen, bleibt das "Englische Tanzpaar" mein Lieblingsbild , was diesen Künstler anbelangt. Es scheint wohl die Bewegung zu sein, die mir bei diesem Bild so gut gefällt. Fast meint man, dass das Tanzpaar lebt und noch immer so vergnügt ist wie vor 100 Jahren.

Empfehlenswert.



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