Der Bildhauer, Maler, Baumeister und Dichter Michelangelo, eigentlich Michelangelo Buonarroti ( 1475-1664) war der Hauptmeister der Hochrenaissance und der bedeutendste Wegbereiter des Manierismus. Seit 1496 arbeitete er abwechselnd in Florenz, Rom und in den Marmorbrüchen von Carrara, ehe er 1534 endgültig nach Rom übersiedelte.
Seine Liebesgedichte sind , so Boris von Brauchitsch im Nachwort, vorwiegend an Männer gerichtet. Der Neffe des Künstlers sorgte im Nachhinein dafür, dass die männlichen Endungen in weibliche verwandelt wurden, allerdings sind einige Adressaten bekannt: Antonio Mini, Febo di Poggio und Tommaso Cavalieri. Lange nahm man die Liebesgedichte Michelangelos nicht ernst, weil die Adressaten Männer waren . Die verklemmte Moral stand dagegen.
B.von Brauchitsch konstatiert, dass Michelangelos Gedichte mitunter wie aus hartem Material gemeißelt und geschnitzt erscheinen. Sie sind nach seiner Meinung nicht hingehaucht, nicht hingegossen, sondern sperrig, manchmal hölzern mit splitternden Kanten, manchmal steinern ohne Politur. Sie sind, so der Schreiber des Nachworts, wie Skulpturen, von denen der allergrößte Teil unfertig erscheint, nicht ganz befreit aus dem Marmor.
Recht hat er mit der Analyse , genau so wirken sie auf den Leser. Ich teile von Brauchitschs Vermutung , dass Michelangelo mitunter den Reiz erkannte, den ein nicht ganz freigelegter Körper besitzen kann und diese Erkenntnis für seine Gedichte nutzte.
Michelangelos poetische Themen sind Liebe, Tod und Leidenschaft.
Ich habe folgendes Liebesgedicht vom Schöpfer des atemberaubend schönen David ausgewählt, um Ihnen den Lyriker Michelangelo vorzustellen:
Wie dürres Holz will ich in Feuerflammen
Vergeh`n , wenn ich dich nicht von Herzen liebe,
Und, wenn ich anders fühle, mich verdammen!
Und wenn ich anderer Schönheit mich verschrieben,
Dass deine Augen mich nicht mehr durchglüh`n,
Dann nimm sie mir , dem das Sterben bliebe!
Wenn Traum und Trachten mich nicht dir entzieh`n
Dann mag mein Denken so verzweifelt sein,
Wie es in deiner Liebe stark und kühn!
Beraubt man mich der Glut, muss ich verderben,
Ich sterbe dort, wo alle andern leben;
Nur heißes Feuer kann mir Nahrung geben,
Ich leb von dem, woran die andern sterben.
( Michelangelo)
Dieser wundervolle Gedicht spricht Bände. Es sagt meines Erachtens viel über das innere Wesen des Künstlers aus, über die explosive Leidenschaft, die neben künstlerischem Können notwendig ist , um eine Skulptur wie David zu erschaffen.
Empfehlenswert.
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