"Schau ma amal, dann seng ma schoo" (Bayerische Lebensweisheit),
Der Journalist Andreas Bretting und der Historiker Bernhard B. Edlmann haben gemeinsam das reich bebilderte Buch "Wir Bayern" auf den Weg gebracht, das ich als Bayernfan mit großer Neugierde gelesen habe.
Untergliedert ist das Buch in vier große Abschnitte: Bayern -ein Portrait, die Geschichte Bayerns, Bayern in der Gegenwart und Bayerisches Leben und Kultur.
Amüsiert habe ich die Charakterstudien im Beitrag "Vom Granteln und vom Haberfeldtreiben" gelesen. Hinter der Fassade des Rauen und Raunzigen, so erfährt man, stecke viel unverstellte Offenheit, ein "Gradheraussein", das vorgeschützte, unehrliche Freundlichkeit vermeidet, (s. Seite 16). Ein solches Verhalten finde ich sehr liebenswert. Man weiß wenigstens gleich, wo man dran ist.
Empfehlenswert ist das Kapitel zur bayerischen Geschichte. Hervorgehoben wird u.a. der grausige Tod der Agnes Bernauer, man erfährt hier auch Näheres zu den bayerischen Gebirgsschützen, wird im Hinblick auf die Affäre Lola Montez und natürlich auch über Ludwig II. von Bayern, dem Märchenkönig aufgeklärt.
Die bürgerkriegsähnlichen Zustände in München 1919 kommen zur Sprache, die braune Eroberung Bayerns und die Nazizeit. Im Rahmen zweier Sonderbeiträge wird man über Dachau informiert und über das jüdische Leben in Bayern. Die "Weise Rose" ist sehr gut skizziert worden. Ein Foto der Geschwister Scholl hat mich besonders gefreut.
Das Kapitel "Bayern in der Gegenwart" fokussiert die politische und wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte und befasst sich ausgiebig mit allerlei Sport- und Vergnügungsmöglichkeiten, während das Kapitel "Bayerisches Leben und Kultur" auf das "Dialektland Bayern"(vgl.: S. 85) und auf die Wiederentdeckung und Pflege des bayerischen Tracht eingeht. Hier liest man Wissenswertes über die Erfolgsgeschichte des Dirndls und kann sich im kleinen Trachtenlexikon schlau machen, was man u.a. unter einer Miesbacher Joppe, einem Pfoad, einem Fürtuch, einem Schalk etc. zu verstehen hat.
Die Religion in Bayern, auch religiöse Bräuche kommen zur Sprache, das Brauchtum und der bayerische Humor. Man erfährt Näheres zur Lach- und Schießgesellschaft und zu hintersinnigen Humoristin wie Karl Valentin Die Künstler- und Bohemeszene - besonders in Schwabing - wird gut beschrieben und es werden die weiß-blaue Architektur und Kunst, aber auch die Musikszene keineswegs vergessen. Was wäre Bayern ohne die Maler? Schön, dass man ein Gemälde von Franz von Lenbach und ein weiteres von Franz Marc abgelichtet hat.
Ganz zum Schluss wird Bayern kulinarisch erkundet. Alfons Schuhbeck kommt zu Wort, der zur "Creme bavaroise" alle Nichtbayern wissen lässt: "Eigentlich kannt s` von am bayrischen Bauernhof kemma, denn g`habt ham `s immer Eier und a Sahne. Vielleicht war anfangs no kei Vanille drin, aba an Schnaps, den ham s`immer scho schwarz brennt, also ham s` a Schnapserl mit neido."
Ein gelungenes Buch. Sehr informativ.
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